Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 01 - Frühling 2022

26 Vor exakt hundert Jahren gab ein anstehender Grossanlass in Burgdorf viel zu reden: Die Freilichtaufführung von Schillers «Wallensteins Lager» war ein begeisternder Kraftakt, der die ganze Stadt in ihren Bann zog. Es kommt nicht allzu häufig vor, dass es ein Burgdorfer Theaterspektakel in die nationalen Schlagzeilen schafft. Im Sommer 1922 war genau dies aber der Fall. Die Freilichtaufführung von «Wallensteins Lager», dem ersten Teil von Friedrich Schillers WallensteinTrilogie, genoss weit über die Region hinaus grosse Aufmerksamkeit. Und die Berichterstattungen der Feuilleton-Redaktoren waren voll des Lobes: «Das muss man gesehen haben!» oder «…ein Hochgenuss für Geist und Gemüt, für Auge und Herz!» hiess es in den Zeitungen und Zeitschriften des Landes. Dass es so weit gekommen ist und dass diese Grossveranstaltung überhaupt zustande kam, verdanken wir einigen engagierten Burgdorfer Persönlichkeiten, allen voran dem theaterbegeisterten Burgdorfer Augenarzt Franz Della Casa (sen.), der damals schon einen Namen als Theatermann hatte. Er führte bei der Inszenierung nicht nur Regie, sondern war wohl auch der ursprüngliche Initiator und die treibende Kraft hinter diesem künstlerischen Grossprojekt, das zu jener Zeit nicht gerade eine Selbstverständlichkeit war. Jedenfalls bestand die Idee, Volksaufführungen wieder aufleben zu lassen wohl schon seit geraumer Zeit in den Köpfen einiger Burgdorfer. Dass man sich ausgerechnet für «Wallensteins Lager» entschied, beweist den Mut und das Engagement der Initianten. Der lange Weg zur Aufführung Das nach diesem Ereignis benannte Wallenstein-Täli liegt am Fuss der Rothöhe. Weil es idyllisch gelegen ist und eine Art natürliche Tribüne bildet, schien es den Initianten als Aufführungsort gut geeignet. Auch wenn man, um die Kulisse des 30-jährigen Kriegs im 17. Jahrhundert glaubwürdig erscheinen zu lassen, kurzerhand eine BKW-Starkstromleitung verlegen musste. Dies war aber wohl eine der kleineren Herausforderungen, die das Burgdorfer Organisationskomitee zu bewältigen hatte. Viel komplizierter war nämlich die Frage, wie man 400 bis 500 Burgdorferinnen und Burgdorfer dazu animieren konnte, bei Wallenstein mitzumachen. So viele Personen brauchte es nämlich – als Mitspieler, Sängerinnen, Statisten oder Helfer hinter und auf der Naturbühne. Burgdorf war in jenen Nachkriegsjahren – genauso wie das ganze Land – nicht eben ein Volk von einig Brüdern. Im Gegenteil: In den Köpfen der Menschen herrschte Klassenkampf. Die Arbeiterschaft und die Wallensteins Lager Wie ein Spektakel Burgdorf

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