Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 01 - Frühling 2023

4 Wie wichtig war die Handfeste von 1273 für die Burgdorfer Bevölkerung? In welcher Sprache wurde sie geschrieben? Warum machte «Stadtluft frei»? Und was hat die Handfeste von einst mit uns heute zu tun? Rainer Schwinges, emeritierter Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Universität Bern, gibt Auskunft. Wir feiern 750 Jahre Handfeste Burgdorf und blicken damit zurück ins Mittelalter. Wie hat das westliche Europa damals ausgesehen? Rainer Schwinges: Die Handfeste fällt in einen der spannendsten Zeiträume des Mittelalters, in das so genannte hohe Mittelalter, das vom 11. bis zum 13. Jahrhundert dauerte. Es war die Zeit des Aufbruchs in Europa, die Zeit massiven Bevölkerungswachstums, die Zeit der Migration und somit auch der Expansion nach Norden und Osten sowie in den Süden. Zum anderen fallen in diese Zeit unzählige Stadtgründungen und Stadtentwicklungen bestehender Städte. Man kann es als eine Hochphase des Städtebaus bezeichnen. Diese wachsenden oder neuen Städte wiederum ziehen zahlreiche Menschen an. Der Bedarf an Nahrung, Kleidern und anderen Gütern steigt. In den Städten und auf dem benachbarten Land entsteht erst mal eine kleine Industrie, es wird produziert, es wird angebaut und es wird gehandelt. Und in Burgdorf? Wie sah es dort aus? Rainer Schwinges: Die Entwicklung in Burgdorf lief genauso ab. Die Kleinstsiedlung rund um das Schloss wurde nach und nach erweitert. Die Bevölkerung wuchs – und damit auch die Bedürfnisse nach Gütern aller Art. Die Stadt wurde zu einem bedeutenden Marktort, der sich deutlich von den umliegenden ländlichen Siedlungen unterschied. Hat die Handfeste mit dieser Entwicklung etwas zu tun? Rainer Schwinges: Die Handfeste war eine der Bezeichnungen des Mittelalters für ein bedeutendes Rechtsgeschäft. 1273 gab es für Burgdorf bereits viel zu bekräftigen. Wie die meisten Städte hatte auch Burgdorf nach und nach eine ganze Reihe von Rechten erworben, womit Stadt und Bürger schon gewisse Freiheiten – wie etwa das Marktrecht – erlangt hatten. Diese Freiheiten wurden der Stadt bereits durch mindestens zwei Urkunden, die nicht mehr vorhanden sind, gewährt. Mit der Handfeste von 1273 bestätigte das gräfliche Paar Eberhard von Habsburg und Anna von Kyburg früher gemachte Zugeständnisse und gewährte weitere, neue, wie sie in anderen Städten wie Bern, Freiburg und Thun bereits existierten. Die Handfeste von 1273 ImGesprächmit Historiker Ra

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