Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 02 - Sommer 2022

29 Figuren wie ein Vokabular für seine Geschichten zu entwickeln und mit der Dreidimensionalität zu verbinden. «Man kann auf alles zeichnen –nicht nur auf Papier», sagt Samuele Vesuvio. Diesem Credo folgte er in seinen zahlreichen weiteren Arbeiten und Ausstellungen, selbst wenn es um skulpturale Installationen ging. Und sogar bei der Bearbeitung von Hauswänden setzt Vesuvio nicht etwa auf Spraydosen oder Pinsel, sondern auf besondere Filzstifte, die mit den unebenen Oberflächen zurechtkommen. Monster, Geister und Radarfallen Während das Werk seines Vaters stark von Naturgesetzen, von Zeit, Raum, Feuer und Energie geprägt ist, steht bei Vesuvio der Mensch und seine Geschichten sowie die Entwicklung der Menschheit im Zentrum. Es sind die Skurrilitäten des Menschseins, die Merkwürdigkeiten des Zusammenlebens, die Monstrosität der Machtballungen, die gesellschaftlichen Tabus, welche er aufsaugt und mit Schalk und Augenzwinkern verarbeitet. Dabei sind seine Arbeiten vollkommen frei von Belehrung oder gezückten Zeigefingern. Vielmehr sind sie eine neckische Einladung an den Betrachter, le Vesuvio darin zu sehen, was er will. «Ich habe keinerlei Absicht zur Belehrung oder Erleuchtung des Publikums», erläutert Vesuvio. Aber wenn jemand aus meinen Hirngespinsten seine eigenen Schlüsse ziehen könne und sich vielleicht sogar ein Blickwinkel ändere, sei das natürlich toll. So bekam er beispielsweise kürzlich die Gelegenheit in einer winzigen Kapelle in Italien eine Arbeit umzusetzen. Ein gefundenes Fressen für den religionskritischen Vesuvio. Er installierte eine Art Radarfalle, auf deren Bildschirm der ertappte Geist einer Heiligenfigur zeichnerisch eingefangen war. Umgesetzt natürlich im typischen Vesuvio-Vulcano-Stil. Der örtliche Priester war davon anfangs alles andere als begeistert. Doch der Kulturbeauftrage des Ortes konnte die Blasphemie-Verdachts-Wogen glätten, und Vesuvios Radarfalle durfte bleiben. Was ihn ebenfalls fasziniert und inspiriert, sind Spuren vergangener Zeiten. So stiess er während seines sechsmonatigen Aufenthalts in Buenos Aires auf die sagenumwobene Geschichte einer indigenen Volksgruppe, die sich «Ich liebe die Archäologie. Sie liefert Fragmente und Fundstücke von Geschichte, aus denen ich Geschichten machen kann.» Samuele Vesuvio Vesuvio und sein «Alter Ego» Vulcano, hier aus Zement

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