Burgdorfer StadtMAGAZIN Nr. 01 - Frühling 2023

26 Die Auffassungen von Erziehung, Aufwachsen und persönlicher Entwicklung von Kindern und Jugendlichen war im Mittelalter mit heutigen Vorstellungen absolut unvergleichbar. So etwas wie Pubertät oder Jugend, als besondere Lebensphase zwischen Kindheit und dem Erwachsensein gab es im Denken des Mittelalters noch nicht. Kinder waren entweder noch abhängig oder schon kleine Erwachsene. 750 Jahre später ist das glücklicherweise anders: Als Gegenüberstellung haben wir einige Jugendliche aus Burgdorf gefragt, was sie unter Freiheit verstehen. Die Grundlage des Lebens im Mittelalter war die Ständegesellschaft, eine starre hierarchische Struktur, die jedem Menschen seinen Platz in der Gesellschaft quasi gottgegeben zuwies. Man wurde in einen gesellschaftliche Schicht hineingeboren, die man in der Regel bis zum Tod niemals verlassen konnte. An der Spitze der gesellschaftlichen Pyramide standen die weltl ichen Herrscherfamilien mit allen Rechten und Privilegien. Darunter folgten die Geistlichen, die sich um das Seelenheil der Menschen und die kirchlichen Regeln zu kümmern hatten, sowie die Adelsfamilien, die in der Regel hohe gesellschaftliche Positionen bekleideten und für politische und wirtschaftliche Aufgaben im Dienste der Herrscher zuständig waren. Dazu gehörten in gewissem Sinne auch die Ritter, welche man eher zum niederen Adel zählen kann. Diese «oberen» Stände machten nur einen kleinen Teil der Bevölkerung aus. Den weitaus grösseren Anteil bildeten die Bauern und in den aufstrebenden städtischen Gebieten das Bürgertummit Handwerkern und Kaufleuten. Im untersten Stand, bzw. gänzlich standlos gab es eine grosse Gruppe von Menschen in Armut, Bettler und Tagelöhner ausserhalb der Stadtmauern. Freiheit war eine Frage des Standes Die Zugehörigkeit zu einer dieser Gruppierungen bestimmte weitgehend das Schicksal und die Entwicklungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen. War man in eine Adelsfamilie hineingeboren worden, genoss man materielleFreiheiten, konnte– sofern man kein Mädchen, sondern ein Knabe war – Schulbildung absolvieren und im Windschatten der Herr- Jugend und Freiheit (Keine) Zeit für persönliche «Freiheit ist für mich, wenn ich Zeit habe etwas für mich zu machen, und wenn mich dabei keiner stört.» Carlo (11)

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