Einem griechischen Tempelchen gleich steht ein Pavillon auf dem Burgdorfer Friedhof. Der Pavillon diente bis vor über 70 Jahren als Aufbahrungsstätte und Ort des endgültigen Abschiednehmens und wurde seitdem vor allem als Lagerraum für Gerätschaften der Friedhofsgärtnerei genutzt. Im Zuge der Umgestaltung und Neukonzeption des Friedhofs soll dieser als Parkanlage aber auch als Begegnungs- und Kulturort wieder vermehrt wahrgenommen werden. Auch der Pavillon soll als Kulturort in Wert gesetzt werden.
Offener Wettbewerb für Kulturschaffende aller Sparten
Im März 2024 hat die Fachstelle Kultur zusammen mit der Abteilung Stadtgrün einen öffentlichen Wettbewerb für ein künstlerisches Projekt in der Alten Aufbahrungshalle auf dem Friedhof Burgdorf ausgeschrieben. Gesucht wurden Projekte, die spezifisch auf den Ort eingehen und diesen als Stätte der letzten Ruhe respektieren.
Überwältigt von der Vielzahl und der hohen Qualität und Originalität der eingegangenen Projekte hat sich die Jury aus insgesamt 35 Eingaben aus der ganzen Welt – von Burgdorf über Warschau bis San Francisco – für zwei Projekte entschieden:
Das Projekt «Le Tapis - der Nachlass» der beiden Burgdorfer Künstlerinnen Sofie Hänni und Mara Schenk bespielt dieses Jahr von Juni bis September 2025 die Alte Aufbahrungshalle auf dem Friedhof.
Im Jahr 2024 hat «Musik fürs Jenseits» des Berner Musikers und Komponisten Noel Schmidlin das Gebäude als Begegnungsort aktiviert.
Die Jury
Kevin Herzog (Teamleiter Friedhof), Rudolf Holzer (Leiter Baudirektion), Brigitte Bolzli (Trauerbegleiterin),
Dagmar Kopše (Kulturbeauftragte), Caroline Komor (Projektleiterin Kultur), Corinna Hirrle (Mitglied der Kulturkommission)
Kontakt:
Dagmar Kopše, Kulturbeauftragte, 034 429 92 23
Caroline Komor, Projektleiterin Kultur, 034 429 92 97
kultur@burgdorf.ch
«Le Tapis - der Nachlass» von Sofie Hänni & Mara Schenk
Von Juni bis September 2025 wird das Künstlerinnenduo HänniSchenk die Alte Aufbahrungshalle bespielen.
Vernissage: Donnerstag, 5. Juni 2025 um 18.30 Uhr auf dem Friedhof Burgdorf
Mara Schenk (*1993) und Sofie Hänni (*1994), beide in Burgdorf wohnhaft, haben sich im Studium Kunstvermittlung / Art Education kennengelernt und arbeiten seitdem als Künstlerinnenduo zusammen. Ihre Arbeiten leben oft vom Interesse an einem bestimmten Material und einer prozesshaften Auseinandersetzung mit dessen Bearbeitungsmöglichkeiten.
Für das Kulturprojekt auf dem Friedhof Burgdorf diente der Wollnachlass von Sofies Grossmutter als Ausgangsmaterial. Die Sammlung aus fein säuberlich gesammelten und aufbewahrten Wollknäueln erzählt Geschichten von Handwerk und Fürsorge: Die aus dem Emmental stammende gelernte Schneiderin strickte ihr Leben lang Kleidungsstücke für Familienmitglieder und Freunde. In den Resten steckt ein ganzes Leben und sie überdauern das Dasein der Grossmutter. In der ehemaligen Aufbahrungshalle verwandeln die beiden jungen Künstlerinnen den Wollnachlass in ein neues Gewebe, das nicht nur die physische Präsenz und Sinnlichkeit des Materials feiert, sondern auch die tiefe emotionale Verbindung repräsentiert. Dabei werden die Themen des Orts aufgegriffen und die Betrachtenden dazu eingeladen, über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nachzudenken; wie diese zeitlichen Dimensionen ineinandergreifen und miteinander verwoben sind.
«Tufting» by Sofie Hänni & Mara Schenk:
«Musik fürs Jenseits» von Noel Schmidlin
Von Mitte August bis Ende Oktober 2024 war das Projekt «Musik fürs Jenseits» des Berner Musikers und Komponisten Noel Schmidlin auf dem Friedhof Burgdorf zugänglich. Die Vernissage fand am 14. August 2024 statt.
Laudatio von Thomas Samuel Jacobi für Noel Schmidlin
Noel Schmidlin befasste sich in seiner Arbeit mit dem Spannungsfeld zwischen Diesseits und Jenseits. Die Alte Aufbahrungshalle, die in ihrer ursprünglichen Funktion ein Portal zwischen Diesseits und Jenseits markierte, wurde selbst zum Klangkörper, indem kleine Motoren das Baumaterial sowie lokale Klang- und Resonanzobjekte erklingen liessen. Besuchende hatten die Möglichkeit ausserhalb des Gebäudes Schalter zu bedienen, die im Innengebäude Klänge erschufen. Die komponierende Person konnte ihre musikalische Kreation zwar nicht selbst hören, jedoch für andere spielen. So entstanden Dialoge über das Gehörte oder Gespielte.
«Musik fürs Jenseits» wurde in einem Video von Lara Wedekind dokumentiert. Im Mittelpunkt der Aufzeichnung stehen die kleinen Motoren, die auf subtile Weise die Wände des Gebäudes «abklopfen» und Gegenstände zum Klingen bringen und so eine einzigartige Komposition erzeugen.
Hier geht's zum Dokumentationsvideo «Musik fürs Jenseits»